Rüdiger Rossig | Journalist | Novinar

Jugoslawien schrumpft weiter

Vojvodina: Die Autonomie kann das Ende Serbiens einläuten | Von Rüdiger Rossig

Mit knapper Mehrheit hat das Belgrader Parlament die Autonomie der nordserbischen Region Vojvodina wiederhergestellt. Dies zeigt: Letztendlich ist in Jugoslawien seit 1991 alles beim Alten geblieben. Die Verfassung, die der Despot Slobodan Milosevic damals dem Land gab, um seiner Herrschaft einen demokratisch-rechtsstaatlichen Anstrich zu geben, ist nach wie vor in Kraft. Und den politisch Mächtigen im Jahre eins nach Milosevic geht es - wie vordem "Slobo" - einzig um die Absicherung des eigenen kleinen Machtbereichs.

Der größte Wunsch des Präsidenten der Bundesrepublik Jugoslawien, Vojislav Kostunica, ist es naturgemäß, die Föderation der Republiken Serbien und Montenegro am Leben zu erhalten. Der serbische Präsident Zoran Djindjic dagegen will den Einfluss des Bundes schnell verringern. Den Regionalfürsten geht es um möglichst viel Spielraum für ihre jeweiligen Gebiete. Montenegros Präsident Milo Djukanovic schließlich verhält sich so, als sei er Chef eines unabhängigen Staates. Eine gemeinsame Politik ist angesichts dieser völlig widerstrebenden Interessen nicht machbar. Der einzige Grund, warum nicht noch mehr jugoslawische Politiker eine Auflösung des Bundesstaates fordern, sind die Risiken, die eine weitere Desintegration bergen. So sind sämtliche Verträge mit der internationalen Gemeinschaft vom Bundesstaat unterzeichnet worden. Löst dieser sich auf, wäre die Rechtsunsicherheit gewaltig: Von den Auslandsinvestitionen bis hin zur humanitären Hilfe käme alles ins Stocken.

Trotzdem: Die Debatte um die Autonomie der Vojvodina zeigt, dass es Zeit ist, ernsthaft über die Auflösung Restjugoslawiens zu sprechen. Denn dieses Erbe Milosevic blockiert bis heute den Aufbau neuer, funktionierender Strukturen. Eine geregelte Desintegration Jugoslawiens dagegen scheint eher geeignet, die Entstehung lebensfähiger demokratischer Modelle zu fördern. Bis dahin werden sich die einzelnen Politiker, Regionen und Gruppeninteressen weiterhin bekämpfen - nur dass es dank Nato-Präsenz diesmal keinen Krieg geben wird. Immerhin etwas.